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Neulich musste ich wieder an unseren Hochzeitstag denken. Und sofort waren all diese Gefühle wieder da. Die Freude, die Aufregung, die Nervosität. Einzelne Szenen stiegen vor meinem inneren Auge auf. Es war alles wieder so lebendig. Als ob es erst gestern gewesen wäre. Da wurde mir klar, dass ich „noch drüber hinweg bin“.

Hä? Ist sie jetzt vollkommen durchgeknallt, fragen sich vielleicht einige. Warum soll man denn über den eigenen Hochzeitstag hinwegkommen? Dieses Beispiel habe ich bewusst gewählt. Denn niemand würde auf die Idee kommen, es als problematisch hinzustellen, dass ich mich immer noch an meinen Hochzeitstag erinnere. Und dass diese Erinnerung Gefühle und Bilder in mir kreiert. Wenn es aber etwas weniger „positives“ ist, dann heißt es gleich „du bist noch nicht darüber hinweg“. Dabei ist der Prozess genau der gleiche. Egal ob es ein schönes oder nicht so schönes Ereignis ist. Anfangs erinnern wir uns ganz oft daran und reden noch oft darüber. Das wird mit der Zeit immer weniger. Aber ganz weg geht es eigentlich nie. Ab und an ist die Erinnerung da. Plötzlich. Wie aus dem nichts. Mit allen Details.

Warum also ist es einmal okay und einmal wird uns eingeredet, dass wir „noch nicht darüber hinweg seien“? Ich vermute, weil die meisten Menschen Angst vor den unangenehmen Gefühlen haben, die mit den nicht so schönen Erinnerungen kommen. Dabei kann uns ein Gefühl nichts tun. Es kommt und geht. Wie das angenehme Gefühl bei der schönen Erinnerung auch. Wenn wir nicht mehr Angst vor diesen Gefühlen hätten, müssten wir auch nicht mehr versuchen diese Erinnerungen zu verbannen. Sie „zu verarbeiten“. Und könnten sie als das annehmen was sie sind: Gedanken über etwas Vergangenes. Nicht mehr – nicht weniger.